Wir über uns
Wochenende, endlich. Morgens.
Soweit sich meine Gehirnzellen schon geräkelt hatten, stellte ich fest: es geht mir gut. Hervorragend geschlafen. Trotzdem zu früh für Musik. Madame lag noch in den Kissen. Aber zumindest der Tag stand mit mir auf. Umhüllt von einem grauen, nebeligen Nachthemd, aber immerhin. Rüde Bruno erbarmte sich auch, ohne Nachthemd, aber mit seiner angerissenen Decke im Maul.
Eine Katzenwäsche
reichte, um richtig munter zu werden. Laptop angeschaltet und dort nachgesehen, wo wir gestern Abend aufgehört hatten. Urlaub gucken. Oder
eher: Urlaub, mal sehen. Die Pandemie ließ die Vor-Freude zur Vor-Sorge
werden. Aber wir wollten mal raus.
Skifahren auf Wasser, Skifahren auf Pulverschnee. Theoretisch alles möglich.
Die Laune wurde besser.
Der Computer zeigte klasse Fotos. Es schien überall die Sonne, wohl das gesamte Jahr über. Toll.
Mal lesen. Hmm... Die Laune wurde schlechter.
Nicht nur überall schönes Wetter, auch die Texte über Orte, Hotels, Ferienanlagen, Restaurants, Supermärkte waren wie aus einem vorprammierten Guss. Austauschbar.
Möchte den Rotwein, den Obstler schmecken.
Das Bier mit einem Krönchen nach einem Strandtag förmlich sehen. Ich möchte den rauen, salzhaltigen Wind auf meiner Haut spüren.
Die warme oder kühle Dusche nach einem Spaziergang genießen.
Von
der Couch, dem Schlafzimmer, den Kissen eingeladen werden, einen
winzigen Teil des Urlaubs mit geschlossenen Augen zu verbringen.
Ich rieche, schmecke, fühle aber nichts.
Jetzt habe ich - zugegeben - mein Berufsleben lang mit Texten zu tun gehabt. Geschrieben. Schreiben lassen. Redigiert. Gelobt. Verworfen. Neu formuliert. Ich bilde mir ein, ein Standardtext wird von vielen über-, höchstens quergelesen.